Im Rahmen des Bildungsauftrags der Realschule in der Sekundarstufe I erschließt Religionsunterricht die religiöse Dimension der Wirklichkeit und des eigenen Lebens und trägt zur religiösen Bildung der Schülerinnen und Schüler bei. Er wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Lehren der jeweiligen Religionsgemeinschaft erteilt.
Der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach trägt zum Erziehungs- und Bildungsauftrag der Realschule bei. Er orientiert sich grundsätzlich am Individuum als dem aktiven Gestalter seines eigenen Bildungsprozesses und respektiert die persönliche Freiheit des anderen. Der Religionsunterricht nimmt die Schülerinnen und Schüler, ihre Lebenswelten, ihre Auffassungen von Wirklichkeit ernst. Er ist deshalb als kommunikatives Handeln zu verstehen und zu gestalten, das die Prinzipien Lebensbezug, Selbsttätigkeit und Handlungsorientierung berücksichtigt. Innerhalb der von allen Fächern zu erfüllenden Querschnittsaufgaben trägt insbesondere auch der Religionsunterricht im Rahmen der Kompetenzentwicklung zur Sensibilisierung für unterschiedliche Geschlechterperspektiven, zur Werteerziehung, zum Aufbau sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur nachhaltigen Entwicklung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur kulturellen Mitgestaltung, zum interkulturellen Verständnis sowie zur Lebensplanung und Berufsorientierung bei.
Zur Bildung gehört das Nachdenken über letzte Fragen, über Ziele und Zwecke individuellen und gesellschaftlichen Handelns und über die Einheit der Wirklichkeit. „Religion eröffnet einen eigenen Zugang zur Wirklichkeit, der durch keinen anderen Modus der Welterfahrung ersetzt werden kann.“(1) Es ist Aufgabe religiöser Bildung, den Kindern und Jugendlichen einen verstehenden Zugang zu religiösen Weltdeutungen und Lebensweisen zu erschließen und sie schrittweise zu verantwortlichem Denken und Verhalten im Hinblick auf Religion und Glaube zu befähigen. Indem der Religionsunterricht diese Aufgabe wahrnimmt, leistet er einen eigenständigen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und Weltorientierung im Rahmen allgemeiner schulischer Bildung.
Religiöse Bildung achtet die Würde des Einzelnen als von Gott geliebten Menschen, losgelöst von etwaiger Funktionalität und Nützlichkeit. Bildung im christlichen Kontext zielt auf die Verwirklichung der Bestimmung des Menschen zu einer von Gott gewollten Freiheit. Dieses Verständnis vom Menschen ist begründet in der Zuwendung und Selbstmitteilung Gottes in der Geschichte mit seinem Volk und in Jesus Christus, der in seinem Leben und seiner Verkündigung, in seinem Sterben und Auferstehen bezeugt, was Inhalt und Grund unseres Glaubens ist.
In seinem Bildungsauftrag wird der Religionsunterricht durch religiöse Pluralität, Individualisierung und Kirchenferne herausgefordert: Religiöse Pluralität meint dabei nicht nur das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Religionen, nicht nur die Differenzierungen innerhalb des Christentums, sondern zeigt sich auch in der jeweils individuellen Verbindung unterschiedlicher, mitunter widersprüchlicher religiöser und säkularer Vorstellungen und Praktiken. Religion gerät angesichts von „Gleich-Gültigkeit“ und Beliebigkeit zunehmend zu einer subjektiven Angelegenheit. Darüber hinaus hat eine wachsende Zahl der Kinder und Jugendlichen, die am Religionsunterricht teilnehmen, kaum noch Kontakt zu Formen des gelebten Glaubens. Im Religionsunterricht kann nicht selbstverständlich auf religiöse Erfahrungen aus Familie, Kirchengemeinde oder Jugendgruppe zurückgegriffen werden. Für immer mehr Schülerinnen und Schüler ist der schulische Religionsunterricht oft der einzige Ort der Begegnung mit dem christlichen Glauben und der Kirche. Er steht also vor der Aufgabe, den Bereich von Religion und Glauben erfahrbar, nachvollziehbar und begreifbar zu machen, den viele Kinder und Jugendliche von innen her nicht kennen.
(Quelle: https://bit.ly/30FmZtO)